Dienstag, 3. Februar 2009

Heidelberg im Winter

Hier gibt es eigentlich keinen richtigen Winter. Zumindest nicht mit Schnee und Eis und Temperaturen weit unter dem Nullpunkt, wie man sich das so vorstellt. Jeden Winter schneit es früher oder später. Alle freuen sich, und am nächsten Morgen ist der Schnee naß und matschig oder sogar komplett wieder verschwunden. Trotzdem hängt im Haus, in dem ich wohne, seit Jahren hartnäckig die Liste, wann welche Partei mit dem Schneeschippen dran ist, gleich neben dem Plan der Kehrwoche – Frau Werwolf sagt, des g’hört so…. Jedes Jahr strömen Hunderte von Menschen auf den Weihnachtsmarkt und trinken bei 10°C und Sonnenschein oder 5°C und Nieselregen ihren Glühwein, mehr als ein Mal wurde der Wunsch nach Eistee laut.

Eine andere tolle Sache während der Weihnachtszeit ist die bezaubernde Neuenheimer Weihnachtsdekoration. Während in anderen Stadtteilen und anderen Städten leuchtende Sterne, Weihnachtsbäume, Engel und andere weihnachtliche Motive in den Straßen hängen, kontert Neuenheim ein ums andere Jahr mit undefinierbaren Objekten. Mit sehr viel gutem Willen, noch mehr Phantasie, und Drogen sollen auch helfen, sind es halbe Sterne, ich sehe immer leuchtende Unterwäsche. Und sie hängt überall in Neuenheim. Jedes Jahr.

Doch dieses Jahr war alles anders. Nein, die tolle Deko hat sich selbstverständlich nicht geändert, das wäre wirklich zuviel verlangt… Im Dezember war es kalt, und der Schnee blieb tatsächlich zwei Tage lang liegen. Der Glühwein schmeckte wieder, ebenso der friesische Teepunsch. Teepunsch ist eine gesunde Mischung aus schwarzem Tee, Obst (mit vielen leckeren Vitaminen), Zucker und Spuren von Alkohol in Form von Rotwein und Rum. Um genau zu sein, enthält er so viele Spuren von Alkohol, dass man nach der zweiten Tasse angenehm betrunken ist. Teepunsch ist mein absoluter Weihnachtsmarkt-Favorit und die beste Erfindung gleich nach sauren Gummibärchen.
Im Januar wurde es dann stetig kälter und schneite mehrere Tage lang, woraufhin meine Mitbewohnerin sofort einen Schneeball in unserem Tiefkühlfach bunkerte (er liegt immer noch dort). Auf dem Weg zur Arbeit las ich -1°C auf einem Thermometer und wunderte mich, dass die Bremsen und die Gangschaltung meines Rads eingefroren waren. Auf den zweiten Blick stellten sich die -1°C dann als -13°C heraus; wie auf Kommando kamen ein paar vereinzelte Eisschollen den Neckar heruntergeschwommen. Ein paar Tage später waren wir dann bei -17°C, und der Neckar war komplett zugefroren. Einige Mutige haben sich sogar aufs Eis hinausgetraut. Ältere Kollegen berichteten, sie hätten zuletzt im strengen Winter von 1963 den Neckar zu Fuß überquert und seither nur äußerst selten Eis auf ihm gesehen. Dieser historische Moment musste natürlich sofort festgehalten werden. Von mir aus kann es im nächsten Winter ruhig etwas wärmer als dieses Jahr sein; der Teepunsch schmeckt durchaus auch bei 2°C und aufgetautem Neckar.


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